Projekte und Exkursionen im Fach Geschichte

Gedenkstättenfahrt nach Krakau und Auschwitz (03.2019)

Eisenbahnwaggon an der Rampe von Birkenau
Kinderzeichnung

„Es ist passiert, also kann es wieder passieren: Dies ist der Kern dessen, was wir zu sagen haben. Es kann passieren, und es kann überall passieren.“ (Primo Levi, * 31. Juli 1919 in Turin; † 11. April 1987 italienischer Schriftsteller und Chemiker, Überlebender des Holocaust)

24 Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen Q1 und Q2  des Erich Kästner-Gymnasiums reisten in der Zeit vom 25.03. bis zum 28.03.2019 im Rahmen der Gedenkstättenfahrt nach Auschwitz und Krakau.  Die Schülerinnen und Schüler wurden vorbereitet und begleitet von den Lehrern Frau Borstell, Frau Kolbe und Herrn Mutter. Diese außerplanmäßige Fahrt wurde ermöglicht durch die großzügige finanzielle Unterstützung des Landes NRW. Dafür sei an dieser Stelle herzlich gedankt. Über die Erfahrungen unserer Schüler und Schülerinnen können sie hier weiterlesen.

Auschwitz - Erlebnisberichte

Unser Besuch in Auschwitz gliederte sich in zwei Teile. Die Besichtigung des Arbeitslagers und des Vernichtungslagers.

Ersteres war von einem doppelten Stacheldrahtzaun völlig eingeschlossen, der ein Durchdringen vollkommen unmöglich machen sollte. Es ist schwer vorstellbar, was die damaligen Insassen wohl beim Anblick von diesem, jede Flucht verhindernden Zaun, wohl empfanden. Ich kann nur sagen was ich empfand. Verstärkt durch die eisigen Temperaturen empfand ich Kälte und Niedergeschlagenheit.

Als wir das Arbeitslager betraten, fanden wir nichtssagende gewöhnlich wirkende Ziegelsteinhäuser. Erst beim Betreten dieser, konnte man sich ein Bild von deren wahrer Bedeutung machen. Das Innere dieser Häuser beherbergte verschiedene Ausstellungen. Welche sich jedoch bei mir am stärksten ins Gedächtnis brannte, war jene, in der übergebliebenen Utensilien der Insassen zu sehen waren. Wir betraten einen Raum, in welchem schier endlose Berge von menschlichen Haaren zu betrachten waren. Diese waren den Häftlingen abrasiert worden. Erst jetzt konnte ich mir einen Eindruck von der Menge der verlorenen Schicksale machen, welche hier ihr Leben ließen.

Seit wir den Zaun passiert hatten, herrschte bereits eine gedämpfte Stille unter uns, doch bei diesem Anblick verschlug es uns allen vor Entsetzen die Sprache. Ein weiteres prägendes Erlebnis war das Betreten der GeStaPo-Unterkunft. Wir sahen den Raum, in welchem das Schnellgericht stattfand. Hier wurde ein Mensch nach dem anderem zum Tod verurteilt. Über eine schmale Treppe ging es weiter hinunter in den Keller. Ein Gefühl der Bedrückung stieg in mir hoch, als ich die kleinen dunklen Zellen sah, in denen die Häftlinge verzweifelt und hilflos ihren Tod erwarteten.

Der zweite Teil der Besichtigung war die des Vernichtungslagers. Wir alle kannten das trauriger weise berühmte Schild mit der Aufschrift: „Arbeit macht frei“, welches über dem Eingang hing. Ich fragte mich, was die Juden, die hier mit dem Zug eintrafen fühlten, als sie auf dem Bahnsteig ausstiegen. War ihnen schon klar was sie erwarten würde, oder hatten sie noch Hoffnung?

Als wir uns nun umblickten, sahen wir lediglich ein paar übrig gebliebene Holzhütten. Der Rest waren nur noch Ruinen. Lediglich die Schornsteine trotzten, einsam stehend, noch dem Wind. Wahrheitshalber muss ich eingestehen, dass ich in diesem Moment nicht viel fühlte. Es war schwierig sich durch die wenigen noch stehenden Hütten ein Bild von der über eine Million Menschen zu machen, welche hier verweilten, bevor man sie in die Gaskammern schickte.

Als wir eine dieser Hütten betraten, war dies bedrückend. Innen drinnen war es genauso kalt wie draußen, dicht an dicht waren die Hochbetten gestellt, wie Vieh was auf die Schlachtung wartete, wenn es nicht bereits an Hunger oder Kälte verstarb. Kaum vorstellbar war die Situation. Zuvor hatten wir die Ruinen der Gaskammern und Krematorien betrachtet. Von ihnen war nichts mehr übrig. Umso schwieriger war es daher, sich die Industrialität von dieser Menschenvernichtung vorzustellen, worüber ich weder dankbar noch glücklich bin. Allerdings stand eine solche Maschinerie in kleinem Format noch.

Als unsere Führerin uns erzählte, dass die Leichen in den großen eisernen Öfen teilweise zu dritt auf einmal verbrannt wurden, wusste ich nicht, was ich fühlen sollte. Wie können Menschen einander nur solche Grausamkeit antun.

Gegen Ende unserer Führung sahen wir an dem Holocaust-Denkmal eine große jüdische Gruppe. Ein Mann sang ein für mich befremdlich klingendes Lied, dessen Sinn und Inhalt ich nicht verstehen konnte. Später erklärte meine Geschichtslehrerin Frau Borstell, dass es sich hierbei um das ultimative Bekenntnis der Juden zu Gott handelte. Ich war sowohl erstaunt, als auch beeindruckt, dass diese Juden trotz dem ihnen widerfahrenen Leid, immer noch an Gott glauben konnten.

Als wir uns schlussendlich auf den Heimweg machten, schwiegen wir, keiner lachte, keiner machte Witze, jeder war mit seinen Gedanken und Gefühlen über das Gesehene für sich alleine.
 

Buch der Namen
Primo Levi, Ausstellung Auschwitz

Mit über 1,1 Millionen Opfern in fünf Jahren ist Auschwitz der wohl grausamste Ort in der Geschichte der Menschheit. Heutzutage ist Auschwitz eine Gedenkstätte, ein Friedhof und nicht zu vergessen auch ein Mahnmal. Nur wer einmal dort gewesen ist kann im Ansatz begreifen, welches Leid den Opfern und ihren Angehörigen zugefügt wurde. Trotzdem werde ich im Folgenden versuchen zu beschreiben, welche Wirkung Auschwitz auf mich hatte. Als Schüler, Deutscher und als Mensch.

ARBEIT MACHT FREI. Diese zynischen Worte begrüßten mich und alle anderen Besucher beim Betreten des Stammlagers Auschwitz 1. Trotzdem die schlicht gehaltenen Hütten unscheinbar wirkten, hatte ich die gesamte Zeit über ein flaues Gefühl im Magen. Die Straßen waren grob gepflastert, jeder der verbauten Steine wirkte auf mich wie ein Stolperstein zum Gedenken der Opfer. Wir gingen durch einige der im Nachhinein entstandenen Ausstellungen. Dabei kamen mir immer wieder die Gefühle des Schams und der Trauer hoch. Es ist unbegreiflich wie Exekutionen, menschenverachtende Experimente und auch Vergasung zum Alltag der Insassen gehörten. Zu den Opfern gehörten nicht nur Juden, sondern auch Sinti, Roma und Kriegsgefangene, egal ob jung, alt, Frauen, Kinder oder Behinderte. Die Nazis unterschieden nur zwischen arbeitsfähig und nicht arbeitsfähig. Besonders einprägsam waren die vielen Bilder der Opfer, die an den Wänden einzelner Ausstellungsräume zu finden waren. Dadurch wird einem erst wirklich bewusst, dass jeder dieser 1,1 Millionen ein Individuum war. Jeder von ihnen war ein Mensch, ein Mensch dem das Recht ein Mensch zu sein aberkannt wurde. Das wurde auch deutlich an den ausgestellten Überresten von Haaren, Schuhen und Prothesen, die die Nazis den Opfern wegnahmen. Die Menge schien gigantisch, wenngleich nur ein Bruchteil erhalten geblieben ist. Die Tatsache, dass es so gut wie niemand lebend aus dem Lager wieder hinaus geschafft hat hinterließ in mir ein starkes Ohnmachtsgefühl. Dabei ist mir das Zitat eines SS-Mannes intensiv in Erinnerung geblieben: „Der einzige Weg hier raus führt durch den Schornstein“.  Ebenfalls erschreckend ist mit welcher Bürokratie und Effizienz das Lager geführt wurde. Vor allem hier merkt man, dass es das Werk von Deutschen ist. Auch die an vielen Stellen verwendeten Ingenieursleistungen lassen sich darauf zurückführen. Ein Beispiel dafür ist die provisorische Gaskammer des Lagers. Nicht mehr als ein kahler Raum, war sie doch dermaßen beklemmend, dass ich Erleichterung verspürte einfach wieder heraustreten zu können. Der letzte Gedanke der mir beim Verlassen des Geländes kam, war welche nicht nur physische sondern auch psychische Belastung die Insassen ertragen mussten. Der Tod und das Leiden müssen ihre ständigen Begleiter gewesen sein.

Bei unserer Ankunft im zweiten Lager Auschwitz Birkenau fällt bereits von weitem ein Unterschied auf. Birkenau ist aufgebaut wie ein riesiges Industriegelände. Und im Grunde genommen war es das auch. Eine Menschenvernichtungsindustrie. Das Giftgas mit dem die Juden ermordet wurden war ursprünglich ein Schädlingsbekämpfungsmittel, was wie ich finde, die Sicht der Nazis treffend repräsentiert. Sie behandelten die Juden wie Ungeziefer. Dennoch geht es in Auschwitz nicht um die Täter, sondern um die Opfer. Das unvorstellbare Grauen, welches ihnen zugefügt wurde ist so immens, dass sich noch heute seine Auswirkungen spüren lassen. Die Sinnlosigkeit ihrer Tode sorgte für tiefe Bestürzung in der gesamten Gruppe. Gesprochen wurde fast gar nicht. Insgesamt fühlte ich mich während meines gesamten Weges durch Auschwitz, als würde eine schwere Last auf meinen Schultern liegen.

Abschließend lässt sich nur sagen, dass etwas Derartiges niemals wieder vorkommen darf. Diese Gedenkstätte ist wichtig, um daran zu erinnern, zu was der Mensch fähig ist. Der Ausflug nach Auschwitz war ein prägendes Erlebnis, das ich nie mehr vergessen werde. Deshalb kann ich nur dazu raten es einmal selbst zu besichtigen. Denn nur so kann das Unbegreifliche ein Stück weit nachvollzogen werden.

Rampe Birkenau
Unsere Gruppe